đŸ’„ Mobbing im Job: Wie Netzwerke TĂ€ter schĂŒtzen

Einstieg – die persönliche Beobachtung

Ich erinnere mich an unzÀhlige Situationen im Job, in denen Vorgesetzte Mitarbeiter angeschrien oder systematisch fertiggemacht haben. Viele nennen das heute beim Namen: Mobbing im Job. Es bedeutet nicht nur Stress, sondern kann Gesundheit, Karriere und Reputation zerstören.
Nicht einmal, nicht zweimal – sondern so regelmĂ€ĂŸig, dass es irgendwann fast schon „normal“ schien.

Doch normal ist daran nichts.
Ich habe es am eigenen Leib erlebt – und ich kenne viele Kolleg:innen, die genau dasselbe berichten. Die Botschaft, die immer mitschwang, war klar:
„Ich bin der Chef. Ihr mĂŒsst leiden. Und wenn ihr euch wehrt, seid ihr das Problem.“

Der erste Typus – „Das Opfer wird zum TĂ€ter“

Wer so fĂŒhrt, trĂ€gt seine eigene Geschichte unbewusst in den Job. Man erkennt den Typ: strenge Eltern, wenig Anerkennung, vielleicht eine AtmosphĂ€re von Angst und Kontrolle.
Das Resultat? Ein Chef, der innerlich das Opfer bleibt – und Ă€ußerlich alle anderen dafĂŒr bezahlen lĂ€sst.

Die TĂ€ter-Opfer-Umkehr ist vorprogrammiert:
„Ich habe keine Fehler gemacht, der Mitarbeiter ist böse.“
So entsteht Mobbing am Arbeitsplatz, das nicht nur Vertrauen zerstört, sondern jede Basis fĂŒr echte Zusammenarbeit untergrĂ€bt.


Weiterlesen: đŸ§© Gute FĂŒhrungskraft werden – 5 Schritte, um FĂŒhrungs-Fallstricke zu erkennen und zu meistern


Der zweite Typus – „Sohn des erfolgreichen Vaters“

Auf der anderen Seite gibt es den ganz anderen Typus. Keine Spur von harter Kindheit – im Gegenteil. Ausbildung bezahlt, das erste Netzwerk schon vom Vater geerbt. Und dann? Uni-Abschluss, ein HĂ€ndedruck – und schon sitzt man im Chefsessel.

Diese Menschen glauben oft, dass die Welt fĂŒr alle so einfach funktioniert. Ich habe schon oft den Satz gehört:
„HĂ€ttest halt was Gescheites lernen sollen.“
Als ob Ausbildung, Netzwerke und TĂŒren, die sich von alleine öffnen, fĂŒr jeden selbstverstĂ€ndlich wĂ€ren.

Auch hier gilt: Kompetenz spielt nur eine Nebenrolle. Netzwerke entscheiden ĂŒber Karriere – und schĂŒtzen jene, die mobben oder Verantwortung vermeiden.


Weiterlesen: đŸ’„ Wenn Gossip zur Compliance-Falle wird: Was ein Bewerber-Beispiel ĂŒber Unternehmenskultur und DSGVO verrĂ€t


Studien & Fakten: Wie stark Herkunft & Netzwerke wirken

Soziale Herkunft und Bildungschancen

  • Eine aktuelle Studie des DIW Berlin zeigt: Bereits zu Schulbeginn lassen sich 19,5 % der Unterschiede in sprachlichen Kompetenzen durch die soziale Herkunft erklĂ€ren. → Das heißt: Kinder aus privilegierten ElternhĂ€usern starten im Vorteil — mit besseren sprachlichen Voraussetzungen, die spĂ€ter in Schule, Studium und Beruf helfen.
    👉 Zur Studie
  • Weitere Forschung belegt, dass in Deutschland die soziale MobilitĂ€t – also der Aufstieg von Kindern ĂŒber das Niveau ihrer Eltern hinaus – in vielen FĂ€llen begrenzt bleibt. Eine DIW-Studie zeigte: Die DurchlĂ€ssigkeit im beruflichen Status hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum verĂ€ndert.
    👉 Zur Studie
  • Der Chancenmonitor / ifo-Institut weist darauf hin, dass der Übergang von der Grundschule ins Gymnasium stark von Bildungshintergrund und Einkommen der Eltern abhĂ€ngt: 75,3 % der Kinder mit Eltern mit Hochschulreife wechseln aufs Gymnasium, bei Eltern ohne Hochschulreife sind’s nur 28,2 %.
    👉 Zur Infografik

Diese Befunde zeigen: Die Basis, mit der jemand ins Berufsleben startet, ist oft schon stark beeinflusst von der Herkunft. Das begĂŒnstigt Netzwerke und Beziehungen, die spĂ€ter TĂŒren öffnen – auch in FĂŒhrungspositionen.


Weiterlesen: Karriere-Stillstand trotz Kompetenz: „Warum komme ich nicht weiter, obwohl ich gut bin?“


Eliten, Netzwerke und der Bildungsbonus

Der Soziologe Michael Hartmann hat sich mit dem „Mythos der Leistungseliten“ beschĂ€ftigt. Er argumentiert: In deutschen Spitzenpositionen sind Personen aus elitĂ€ren Familien ĂŒberdurchschnittlich stark vertreten – und das nicht nur, weil sie besonders fĂ€hig sind, sondern auch, weil ihre Herkunft ZugĂ€nge und Netzwerke mitbringt.
👉 Mehr ĂŒber Michael Hartmann

Eine Studie „What you know or who you know?“ vergleicht die Wirkung von intellektuellem Kapital und sozialem Kapital (also Netzwerken) bei der Erkennung von Chancen. Ergebnis: Zugang zu Wissen und Netzwerken zusammen erhöht signifikant die Wahrscheinlichkeit, neue GeschĂ€ftschancen zu erkennen – also sind Netzwerke ein echter Hebel, nicht nur ein Nebeneffekt.
👉 Zur Studie


Weiterlesen: đŸ’„ CSRD, ESG, Compliance & DSGVO: Wenn Unternehmenskultur zum PrĂŒfpunkt wird


Der Kern des Problems – Netzwerke & Schutzmechanismen

Beide Typen – der verletzte Chef und der „Sohn mit Einfluss“ – zeigen etwas Entscheidendes: FĂŒhrung hat oft wenig mit Kompetenz zu tun.
Viele Chefs sind nicht deshalb dort, weil sie sich etwas erarbeitet haben, sondern weil Netzwerke sie tragen – Netzwerke, die oft ĂŒber Generationen hinweg aufgebaut wurden.

Das erklĂ€rt auch, warum wir in Unternehmen hĂ€ufig Menschen in SchlĂŒsselpositionen finden, die weder Empathie noch FĂŒhrungskompetenz besitzen. Statt echter FĂŒhrung erleben Mitarbeiter Kontrolle, Manipulation, Angst – und oft massives Mobbing im Job. Netzwerke fungieren als Puffer: Wenn jemand systematisch mobbt, aber gut vernetzt ist, wird er geschĂŒtzt — weil Beziehungen, LoyalitĂ€ten und Machtstrukturen bestehen, die das Fehlverhalten ĂŒberdecken.


Weiterlesen: Toxische Umgebung – oder liegt es an mir? 😔


Folgen & Gefahren

  • Mitarbeiter leiden: Gesundheitliche Belastungen, Stress, Burnout, KĂŒndigungen.
  • Organisationen verlieren: Gute Talente springen ab, Innovationskraft sinkt, Imageverlust.
  • Kultur verfestigt sich: Wenn TĂ€ter geschĂŒtzt werden, wĂ€chst Misstrauen – und „normales Verhalten“ wird toxisch.

Fazit – warum das wichtig ist

FĂŒr mich war diese Erkenntnis ernĂŒchternd. Ich arbeite gerne, ich liefere gerne gute Ergebnisse. Aber in Systemen, die Mobbing und toxische FĂŒhrung zulassen, ist das schlicht nicht möglich.

Solange wir nicht verstehen, wie Netzwerke funktionieren, werden wir weiter Chefs erleben, die in Wahrheit keine sind – und Mobbing im Job wird ein Dauerproblem bleiben.


👉 Frage an dich:
Hast du selbst Mobbing im Job erlebt – und wie bist du damit umgegangen?