DSGVO und Mitarbeiterüberwachung: Risiken, Pflichten und toxische Dynamiken im Unternehmen

Die DSGVO und Mitarbeiterüberwachung sind ein Thema, das in vielen Unternehmen unterschätzt wird. Während Arbeitgeber meist an IT-Systeme, Videoüberwachung oder Tracking-Software denken, übersehen sie häufig, dass auch informelle Kontrolle durch Vorgesetzte oder Kolleg:innen unter die Datenschutz-Grundverordnung fallen kann. Genau hier entstehen nicht nur rechtliche, sondern auch kulturelle Risiken, die Organisationen teuer zu stehen kommen können.

Was die DSGVO zur Mitarbeiterüberwachung sagt

Die DSGVO und Mitarbeiterüberwachung greifen immer dann, wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden, die Rückschlüsse auf eine identifizierbare Person zulassen. Bei Mitarbeitenden umfasst das unter anderem:

  • Leistungsdaten (z. B. Zielerreichung, Arbeitsergebnisse)
  • Kommunikationsdaten (z. B. E-Mails, Chat-Protokolle)
  • Verhaltensdaten (z. B. Pausenzeiten, Verhalten im Team)

Rechtsgrundlage erforderlich

Jede Form der Mitarbeiterüberwachung nach DSGVO benötigt eine klare Rechtsgrundlage. Im Arbeitskontext kommen insbesondere folgende Grundlagen in Betracht:

  • Einwilligung (freiwillig, informiert, widerrufbar – in Arbeitsverhältnissen aber oft problematisch wegen des Abhängigkeitsverhältnisses)
  • Erfüllung rechtlicher Pflichten (z. B. Dokumentation von Arbeitszeiten nach Arbeitszeitgesetz)
  • Berechtigtes Interesse (nur zulässig, wenn die Interessen des Arbeitgebers die Grundrechte der Mitarbeitenden überwiegen und die Maßnahme verhältnismäßig ist)

Transparenz und Zweckbindung

Die DSGVO und Mitarbeiterüberwachung schreiben vor, dass Mitarbeitende informiert werden müssen, welche Daten erhoben werden, zu welchem Zweck und wie lange sie gespeichert werden. Heimliche Überwachung oder das „Ausfragen“ von Kolleg:innen ohne klare Grundlage sind daher unzulässig.

Informelle Mitarbeiterüberwachung – das unterschätzte Risiko

In vielen Unternehmen passiert Mitarbeiterüberwachung nicht nur durch Technik, sondern auch durch soziale Kontrolle. Ein Beispiel: Eine Führungskraft fragt einen Mitarbeiter, ob er seinen Kollegen „kontrolliert“. Auch solche Handlungen können datenschutzrechtlich relevant sein:

  • Informationen über Verhalten oder Leistung eines Kollegen sind personenbezogene Daten.
  • Werden sie ohne Rechtsgrundlage erhoben oder weitergegeben, liegt ein DSGVO-Verstoß vor.
  • Zusätzlich entstehen toxische Dynamiken, weil Mitarbeitende gegeneinander ausgespielt werden.

Compliance-Pflichten und Unternehmensrisiken

Die Verantwortung liegt nicht nur bei einzelnen Führungskräften, sondern beim gesamten Unternehmen. Die DSGVO und Mitarbeiterüberwachung stehen in engem Zusammenhang mit Compliance-Pflichten:

  • Unternehmen müssen sicherstellen, dass Mitarbeiterüberwachung DSGVO-konform erfolgt: transparent, verhältnismäßig und rechtlich zulässig.
  • Verstöße können zu Bußgeldern von bis zu 20 Mio. Euro oder 4 % des weltweiten Jahresumsatzes führen.
  • Darüber hinaus droht ein erheblicher Reputationsschaden, insbesondere wenn Fälle von unzulässiger Mitarbeiterüberwachung öffentlich werden.

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Toxische Dynamiken als Risiko für DSGVO-Verstöße

Oft entstehen Verstöße gegen die DSGVO durch Mitarbeiterüberwachung nicht aus bösem Willen, sondern aus toxischen Unternehmenskulturen. Typische Muster:

  • Führungskräfte testen Loyalität durch Aufforderungen zur gegenseitigen Kontrolle.
  • Mitarbeitende fühlen sich gezwungen, Informationen über andere preiszugeben.
  • Es entstehen Grauzonenhandlungen, die weder dokumentiert noch rechtskonform sind.

Solche Dynamiken führen dazu, dass Unternehmen nicht nur kulturell Schaden nehmen, sondern auch rechtlich in gefährliches Fahrwasser geraten, wenn die DSGVO bei Mitarbeiterüberwachung verletzt wird.


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Best Practices: Wie Unternehmen DSGVO-Verstöße vermeiden

  1. Klare Policies zur Mitarbeiterüberwachung erstellen – schriftlich, transparent, für alle verständlich.
  2. Datenschutzschulungen für Führungskräfte und Mitarbeitende durchführen, um die DSGVO und Mitarbeiterüberwachung besser zu verstehen.
  3. Technische und organisatorische Maßnahmen etablieren, um Datenmissbrauch bei Mitarbeiterüberwachung zu verhindern.
  4. Externe Datenschutz- oder Compliance-Beratung einbinden, um blinde Flecken aufzudecken und DSGVO-Konformität sicherzustellen.
  5. Kulturarbeit leisten – Vertrauen statt Kontrolle fördern, um informelle Überwachung zu verhindern.

Fazit

Die Verbindung von DSGVO und Mitarbeiterüberwachung zeigt: Datenschutz ist kein reines IT-Thema, sondern betrifft unmittelbar die Unternehmenskultur. Informelle Kontrollen, wie sie in toxischen Strukturen häufig vorkommen, sind rechtlich riskant und können das Unternehmen teuer zu stehen kommen.

🔑 Wer die DSGVO und Mitarbeiterüberwachung ernst nimmt, schützt nicht nur Daten, sondern auch Menschen – und legt den Grundstein für eine gesunde, vertrauensvolle Unternehmenskultur.

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